Viele Menschen fühlen sich beim Gedanken an den nächsten Zahnarztbesuch unwohl, manche trauen sich gar nicht mehr dorthin. Dabei beeinflussen Zähne die Gesundheit unseres ganzen Körpers. Wie also die Angst überwinden?

„Meine Zahnschmerzen haben mir viel Lebensqualität geraubt“, erzählt Monika aus dem nordrhein-westfälischen Witten. Sie hat einen jahrelangen Leidensweg hinter sich. Der Grund: ihre akute Angst vor dem Zahnarzt. „Ich wusste lange nicht, woher meine Angst kommt. Aber sie ist tatsächlich durch einen Behandlungsfehler entstanden“, erinnert sich die 27-Jährige.

Bei einem Zahnarztbesuch im Alter von 13 Jahren sollte sie eine Füllung bekommen. Doch plötzlich spürte sie starke Schmerzen. „Ich habe mich vor Schmerz gewunden, aber die Zahnärztin hat einfach weitergebohrt“, schildert Monika. „Sie sagte, das dürfe eigentlich gar nicht wehtun, die Betäubung sollte wirken.“ Eine schreckliche Erfahrung für Monika. „Ich weiß bis heute nicht, wie ich den Weg nach Hause geschafft habe. Diese eine Behandlung hat mich traumatisiert – sie ist hängen geblieben.“

Ein Teufelskreis beginnt

Monikas Angst vor dem Zahnarzt wurde von da an immer schlimmer. Irgendwann ging sie gar nicht mehr zur Kontrolle. „Meine Zähne gingen immer mehr kaputt. Ich habe es gemerkt, wollte aber nichts dagegen tun, weil die Angst mich lähmte.“ Sie entwickelte eine Dentalphobie – und ist damit nicht allein.

„Wenn man sich die Daten zur Zahnbehandlungsangst anschaut, sind in Deutschland bis zu zehn Prozent der Menschen betroffen, die Behandlungen komplett vermeiden oder in Panik verfallen“, erklärt Anne Wolowski, Professorin für prothetische Zahnmedizin an der Universität Münster.

Geräusche wie das Bohren können Angst auslösen

Laut einer Studie der Technikerkrankenkasse fühlen sich rund 60 Prozent der Deutschen beim Zahnarzt unwohl, gehen aber trotzdem zu Kontrollterminen. Die Angst hat ihren Ursprung im limbischen System des Gehirns – genauer gesagt in der Amygdala, die als Frühwarnsystem für Furcht fungiert.

Sinnesreize – das Geräusch des Bohrers, der Anblick der Betäubungsspritze oder das Gefühl der Hilflosigkeit auf dem Behandlungsstuhl – lösen oft die Angst vor Schmerz aus. Auch schlechte Erfahrungen in der Kindheit können die Phobie verstärken.

Um das zu vermeiden, sei es wichtig, Zahnarztbesuche schon im Kindesalter positiv zu gestalten, erklärt Wolowski: „Wenn ich ein Kind früh spielerisch an die Praxis gewöhne, ihm erkläre, wie Zähne funktionieren, und positive Erlebnisse schaffe, wirkt das ein Leben lang nach.“

Angst kann zur Isolation führen

Bei Monika war die Angst bereits so tief verwurzelt, dass ihre Zähne immer mehr verfielen. „Durch meine Schmerzen, den Mundgeruch und die Unsicherheit habe ich mich zurückgezogen. Mein Zimmer wurde mein bester Freund“, erzählt sie. Ein häufiges Muster, wie Wolowski erklärt: „Wenn Zahnprobleme durch Angst verschlimmert werden, ziehen sich Betroffene oft sozial zurück.“

Monikas Schmerzen wurden irgendwann unerträglich. Über zwei Jahre nahm sie täglich vier bis sieben Schmerztabletten – bis sie nicht mehr konnte. Als ihr Zahnarzt ihr sagte: „Alle Zähne sind kaputt“, brach für sie eine Welt zusammen.