29. August 2025

29.8.2025 – Erstmals Schweinelunge in einen Menschen transplantiert

XENOTRANSPLANTATION :
Erstmals Schweinelunge in einen Menschen transplantiert
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Thoraxchirurg Jianxing He bei einer Operation.

Genetisch veränderte Tiere sollen künftig für Menschen zu Organspendern werden. Erste Versuche mit Nieren und Herzen verliefen vielversprechend. Nun berichten Ärzte aus China, dass sie eine Lunge transplantiert haben.

24 Stunden nach der Transplantation der Schweinelunge kam es allerdings zu einem Lungenödem, welches durch eine Biopsie bestätigt wurde. Biopsien am dritten und sechsten Tag zeigten ebenfalls starke Abstoßungsreaktionen. Kurz vor dem geplanten Ende des Versuches wurde er auf Wunsch der Angehörigen abgebrochen. Der linke, transplantierte Lungenflügel aus dem Schwein hatte neun Tage lang in dem hirntoten Patienten überlebt. Der Versuch, den Ärzte um Jianxing He vom Hospital der Medizinischen Universität Guangzhou durchgeführt hatten, hatte bereits am 15. Mai 2024 stattgefunden, das Ergebnis wurde erst jetzt in “Nature Medicine“ veröffentlicht.

Die Lunge hatten Ärzte von der Firma Clonorgan Biotechnology aus Chengdu erhalten, das auf genetisch veränderte Organspendertiere spezialisiert ist. Im Fall des Patienten war ein Bama-Xiang-Schwein, dem mithilfe der Genschere Crispr-Cas9 sechs genetischen Veränderungen ins Genom geschrieben wurden das Spendertier. Drei Schweinegene wurden ausgeschaltet, drei menschliche Gene in das Erbgut des Schweines eingebaut. So sollten Abstoßungsreaktionen verhindert werden. Das Immunsystem des hirntoten Patienten wurde zudem mit starken Immunsuppressive heruntergedimmt.

Bereits im März hatten Wissenschaftler in „Nature“ berichtet, sie hätten eine Schweineleber erfolgreich in einen Empfänger transplantiert. Sie habe in dem ebenfalls hirntoten Patienten zehn Tage lang überlebt, hieß es.

Xenotransplantationen, bei denen von einem genetisch veränderten Tier Organe auf einen Menschen übertragen werden, sind eine Hoffnung für Patienten, die Organe benötigen. Die Spenderorgane von Menschen sind knapp, die demographische Entwicklung wird absehbar eine Verschärfung diese Knappheit nach sich ziehen. Die tierischen Ersatzorgane werden allerdings häufig abgestoßen, sie sind längst nicht marktreif. Immer wieder wird aber von spektakulären Transplantationen berichtet: So wurden bereits Herzen und Nieren erfolgreich in Menschen transplantiert, einige der Transplantate überlebten 40 und sogar 60 Tage lang.

Die wissenschaftliche und medizinische Forschung sieht dabei vor, die Organe zunächst an hirntoten Menschen zu testen – so, wie es nun bei dem 39 Jahre alten Mann passiert ist. Allerdings gibt es wissenschaftliche Kritik daran, hirntote Menschen zu nutzen, betont Joachim Denner, der an der FU Berlin die Arbeitsgruppe Virussicherheit bei der Xenotransplantation im Institut für Virologie leitet. “Der Hirntod geht mit erheblichen pathophysiologischen Veränderungen einher, zum Beispiel strukturellen Schäden und Zellinfiltrationen in lebenswichtigen Organen sowie erheblichen hormonellen, metabolischen, entzündlichen und hämodynamischen Veränderungen“, sagt er. Es sei deshalb schwierig festzustellen, ob das Versagen oder die Funktionsstörung des Transplantats auf die Auswirkungen des Hirntods oder auf eine Immun-/Entzündungsreaktion auf das Xenotransplantat zurückzuführen ist.

Besonders anspruchsvoller Versuch

Die Lunge gilt Experten zufolge als besonders anspruchsvoll zu transplantierendes Organ. Das liege unter anderem daran, so Konrad Fischer, Leiter der Sektion Xenotransplantation an der TU München, dass die Lunge durch das Einatmen von Luft ständig mit der Außenwelt in Kontakt ist. Das bringe ein außergewöhnlich hohes Infektionsrisiko mit sich, sagte Fischer.

„Trotz dieser Limitationen ist das Ergebnis von großer Bedeutung. Es zeigt, dass eine xenogene Lungentransplantation technisch möglich ist und dass wesentliche immunologische Barrieren überwunden werden können“, sagte er. „Aus Patientensicht ist dieser Fortschritt der Xenotransplantation bereits jetzt von Relevanz. Gerade für Menschen mit schwersten Lungenerkrankungen, die oft jahrelang auf ein Spenderorgan warten oder nie eines erhalten, weckt dieser Versuch neue Hoffnungen.“ Die Arbeit zeige, dass eine realistische Perspektive für zukünftige Schweinelungen als Spenderorgane bestehe.

Die chinesischen Ärzte bezeichnen die Lungentransplantation als „Teilerfolg“. Es sei ihnen gelungen, eine akute Abstoßung und ein sofortiges Versagen des transplantierten Organs zu verhindern.

Quelle: FAZ.net

  • Pia Heinemann

    Verantwortliche Redakteurin für das Ressort „Wissenschaft“.

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