3. Oktober 2025

3.10.2025 – Wie unterschiedlich war die zahnärztliche Versorgung in der DDR im Vergleich zur BRD?

Wie unterschiedlich war die zahnärztliche Versorgung in der DDR im Vergleich zur BRD?

Die zahnärztliche Versorgung in der DDR und der BRD war in vielerlei Hinsicht verschieden geprägt – sowohl durch das Gesundheitssystem als auch durch gesellschaftliche Prioritäten. Ich fasse dir die wichtigsten Unterschiede zusammen:

1. Struktur des Gesundheitssystems

  • DDR:
    • Einheitliches, staatlich organisiertes Gesundheitssystem („Polikliniken“, „Stomatologische Einrichtungen“).
    • Zahnärzte waren überwiegend angestellt (z. B. in Polikliniken, Betrieben, Schulen).
    • Es gab nur sehr wenige privatpraktizierende Zahnärzte, da Privatpraxen nach und nach verstaatlicht wurden.
    • Ziel: flächendeckende Grundversorgung, kostenfrei oder sehr günstig für die Patienten.
  • BRD:
    • Versicherungspflicht über gesetzliche Krankenkassen, aber mit einem starken Anteil niedergelassener Zahnärzte in freier Praxis.
    • Patienten hatten freie Zahnarztwahl.
    • Mehr Wettbewerb, was auch die Qualität und den Umfang der Versorgung beeinflusste.

2. Prävention und Prophylaxe

  • DDR:
    • Starker Fokus auf Gruppenprophylaxe: Kinder und Jugendliche wurden in Kindergärten, Schulen und Betrieben regelmäßig untersucht und behandelt (z. B. Fluoridierung, Fissurenversiegelungen, Gruppenbelehrungen über Zahnhygiene).
    • Vorsorge war verpflichtend und engmaschig organisiert.
    • Trotzdem blieb das Kariesniveau recht hoch, was mit eingeschränkter Materialversorgung und weniger Fokus auf individuelle Prothetik zusammenhing.
  • BRD:
    • Prävention war stärker in individueller Verantwortung. Gruppenprophylaxe in Schulen etablierte sich erst später flächendeckend (1970er–80er).
    • Patienten gingen eigenverantwortlich zum Zahnarzt. Wer nicht regelmäßig erschien, hatte Nachteile beim Zuschuss für Zahnersatz.
    • Insgesamt bessere Ergebnisse in Bezug auf Zahngesundheit, auch durch breitere Verfügbarkeit moderner Materialien und Techniken.

3. Behandlung & Materialien

  • DDR:
    • Standard war eine funktionelle, aber oft einfachere Versorgung.
    • Moderne Materialien (z. B. zahnfarbene Kunststoffe, Keramik) waren schwer erhältlich oder knapp.
    • Amalgamfüllungen waren üblich.
    • Bei Zahnersatz wurde oft Metall oder einfache Kunststoffprothetik verwendet.
    • Kosmetisch-ästhetische Versorgung spielte eine untergeordnete Rolle.
  • BRD:
    • Breite Palette an Materialien und Techniken, auch ästhetisch hochwertiger Zahnersatz (Gold, Keramik, Komposit).
    • Technische Innovationen (z. B. Implantologie) kamen früher zum Einsatz.
    • Ästhetik hatte für viele Patienten größere Bedeutung, was sich im Behandlungsangebot widerspiegelte.

4. Zugang und Wartezeiten

  • DDR:
    • Jeder hatte Anspruch auf Behandlung, die Hürden waren niedrig.
    • Aber: Wartezeiten auf Zahnersatz oder bestimmte Behandlungen konnten lang sein, teils wegen Materialknappheit.
  • BRD:
    • Zugang abhängig von Krankenversicherung und Zuzahlungen.
    • In der Regel keine Versorgungsengpässe, aber hohe Eigenanteile bei hochwertigem Zahnersatz.

5. Gesellschaftliches Bild des Zahnarztes

  • DDR:
    • Zahnarzt war ein staatlicher Angestellter, weniger als „Dienstleister im Wettbewerb“.
    • Gleichheitsgedanke: Alle sollten die gleiche Basisversorgung erhalten.
  • BRD:
    • Zahnarzt war klassisch Freiberufler mit wirtschaftlicher Eigenverantwortung.
    • Stärkere Patientenzentrierung, aber auch ökonomischer Druck (Zuzahlungen, Kosten-Nutzen-Abwägung).

Die DDR setzte auf kollektive, staatlich organisierte Grundversorgung mit starkem Fokus auf Prävention, allerdings oft mit einfachen Mitteln und eingeschränkter Materialqualität.
Die BRD bot eine stärker individualisierte, technisch modernere und ästhetisch orientierte Versorgung – allerdings mit sozialer Ungleichheit durch Eigenanteile und weniger verpflichtender Prävention.

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