29. August 2016

29. August 2016 – Bitterer Beigeschmack, aus dem Artikel „Bittere Süße“

Hallo liebe Leser,

da haben wir´s nun fast geschafft. Heute folgt der letzte Teil des Artikels von Frau Johanna Hergt, erschienen in den Zahnärztlichen Mitteilungen (zm) : „Bittere Süße“. Nähere Quellenangaben sind in den bereits von mir veröffentlichten Abschnitten nachzulesen.

BITTERE SÜSSE

Ob zahnfreundliches Bonbon, Light-Limonade oder Diät-Praline: Vieles schmeckt aufgrund der verwendeten Süßstoffe längst nicht so gut wie die gezuckerten Produkte. Denn die meisten von ihnen, auch Stevia, aktivieren laut Pfeiffer Bitterrezeptoren – von diesen haben Menschen mit rund 25 im Vergleich zu anderen Lebewesen besonders viele, Hühner etwa haben nur vier. „Daher haben wir eine sehr differenzierte Bitterwahrnehmung. Die Empfindlichkeit der Menschen dafür ist aber unterschiedlich, wobei es auch immer aud die eingenommene Menge ankommt“. Auf eine andere unerwünschte Wirkung von Süßstoffen hat jüngst eine Gruppe von israelischen Wissenschaftlern im Fachmagazin „Nature“ hingewiesen. Ihre Studie zeigte, dass der Blutzuckerspiegel bei Mäusen angestiegen war, nachdem sie sehr große Mengen von Süßstoff bekommen hatten. Offenbar beschleunigen Süßstoffe das Wachstum von Darmbakterien , die die  Regulation des Blutzuckerspiegels stören. „Derart grotesk hohe Dosen von Süßstoffen können natürlich auch das Mikrobiom verändern. Ansonsten hat das Paper eigentlich wenig gezeigt, außer dass der Zuckeranstieg etwas höher war“, sagt Pfeiffer. „Es gibt sicherlich Effekte von Süßstoffen, die aber relativ moderat sind. Leider fehlen Studien, die mit normalen Mengen von Süßstoffen experimentieren.“ Zur Vorsicht rät der Fachmann allerdings bei Kindern: „Kinder kommen sehr viel schneller an die Grenzwerte heran, da sie weniger wiegen und mehr trinken. Darin könnte durchaus ein Problem bestehen – das sollte man aufmerksam verfolgen“, sagt er. „Es gibt auch immer wieder kritische Stimmen, die sagen, Süßstoffe könnten Krebs auslösen. Aber die Stoffe sind in Europa und vielen anderen Ländern der Welt nach strenger Prüfung der wissenschaftlichen Datenlage als Lebensmittel zugelassen – und können daher getrost als unbedenklich eingestuft werden“, erklärt Zimmer dazu. Wie Süßstoffe sind auch Zuckeraustauschstoffe nur in Maßen zu konsumieren, denn sie sind kalorisch. Alle können im Darm abgebaut werden – allerdings verzögert, weshalb die Kalorienausbeute geringer ausfällt. Xylit zum Beispiel hat nur halb so viele Kalorien wie Haushaltszucker. Aber dadurch wirken diese Stoffe auch abführend. Vor allem bei Menschen mit Fruktosemalabsorption können sie gastrointestinale Beschwerden auslösen. „Darum sollte man von den Zuckeraustauschstoffen im Schnitt lediglich 30 bis 35 Gramm pro Tag zu sich nehmen. Das ist auch der Grund dafür, dass es zahnfreundliche Bonbons fast nur als Hartkaramellen gibt, die eine relativ kleine Masse haben – wie zum Beispiel Smint“, erläutert Zimmer. Tatsache ist auch: Wer Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe verzehrt, ist deshalb nicht dünner. „Wobei die Datenlage dadurch verzerrt wird, dass Leute, die mit dem Gewicht kämpfen, eher dazu neigen, diese Zuckerersatzstoffe zu nehmen als schlanke“, sagt Ernährungsforscher Pfeiffer. Ernährungspsychologisch sieht Ökotrophologin Gahl zuckerreduzierte Lebensmittel kritisch: „Wenn ich einen Butterkeks oder ein Stück Kuchen essen möchte, dann sollte ich dieses Stück maßvoll genießen“, sagt sie. Zuckerreduzierte Süßwaren verführten eher dazu, mehr zu essen. Den Grundstein für eine zuckerarme Ernährung sollte vielmehr die Erziehung legen. Dazu gehört, Kindern von Anfang an einen bewussten und genussvollen Umgang mit Süßem beizubringen. „Süßigkeiten sollten nicht nebenbei aus Langeweile, beim Fernsehen oder Spielen gegessen werden. Ebenso wenig eignen sie sich als Belohnung oder Trostpflaster“, sagt Gahl. Sie rät auch dazu, Kindern beizubringen, sich Schokolade und Bonbons selbst über die Woche einzuteilen, bestimmte Naschzeiten zu vereinbaren und keinesfalls den Schokoladenteller frei im Raum stehen zu lassen.

TIPP: Süßschwelle senken

Außerdem gibt sie den Tipp, die Süßschwelle zu senken, etwa beim Kuchenbacken rund ein Drittel weniger Zucker zu nehmen, als im Rezept steht, und frischen Produkten wie Obst oder Naturjoghurt mit Fruchtpüree den Vorzug zu geben. Von Verboten hält die Ernährungswissenschaftlerin nichts: „Das weckt dann wiederum Begehrlichkeiten“. Auch Pfeiffer sagt: „Wenn sie Zucker verbieten, werden sie die Welt nicht dünn machen.“ Das Problem sei nicht nur einfach der Zucker. Hinzu komme viel mehr die mangelnde Bewegung, da vielen Eltern ihre Kinder beispielsweise mit dem Auto in die Schule brächten statt zu Fuß oder mit dem Fahrrad.

BEWEGUNG IST DER SCHLÜSSEL

Zucker ist also erlaubt – aber in Maßen: Da sind sich Zahnarzt, Ernährungsmediziner, Ökotrophologin und Verbraucherschützerin einig. Aber ist es wirklich mit einem Becher Fruchtjoghurt pro Tag gegessen, so wie es der WHO vorschwebt? Bleiben die ganzen Zartbittertäfelchen, Gummibären, Lakritze und Schokonüsse, mit denen die Süßwarenmesse gerade lockt, nur noch ein schöner Traum? Natürlich können wir die Nougatpralinen noch naschen, wenn wir uns ausreichend bewegen und ansonsten ausgewogen ernähren. Aber das ist vielen in den Lebenswelten der modernen Gesellschaft offensichtlich nicht mehr möglich. „Laut Angaben der WHO gibt es auf der Welt zwei Milliarden adipöse Menschen. Das ist eine der Hauptbedrohungen der Gesundheitssysteme überhaupt. Diabetes nimmt um das Zwanzigfache zu, wenn man dick ist, Arteriosklerose und Krebs steigen um das Drei- bis Vierfache an“, resümiert Pfeiffer. Darum macht es Sinn, dass die WHO mit ihren Leitlinien ein Signal setze und auf das Zucker-Problem aufmerksam mache. „Eigentlich müsste man solche Empfehlungen individuell anpassen. Aber wenn Sie das kommunizieren, machen wieder alle Witze darüber, wie kompliziert die Angaben sind. Deshalb wollen die Leute plakative Aussagen.“

So meine Lieben, das war es nun zum Thema „Bittere Süße“. Zusammengefasst würde ich sagen: Die Menge macht`s. Und Sport tut auch gut. Denn mal los!

Viele gesunde Grüße von Jochen Steuerwald, Zahnarzt in der Eisenacher Straße 85, Berlin-Schöneberg.

Allgemein, Jugendzahnheilkunde, Kinderzahnheilkunde, Prophylaxe , , , , ,
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