20.11.2016 So machen Sie in der Prophylaxe alles richtig
Als Volkskrankheit Nummer eins trumpft in Deutschland nach wie vor die Karies. So sind fast jeder Erwachsene und immer noch sehr viele Jugendliche und auch Kinder betroffen. Jetzt liegt erstmals eine von allen zuständigen Fachgesellschaften konsentierte medizinische Leitlinie vor. Hieran können Zahnärzte und auch Patienten zukünftig ihre kariesprophylaktischen Maßnahmen orientieren. Diese S2k-Leitlinie umfasst sieben wichtige Punkte, die zur Vermeidung eines kariösen Gebisses nicht im Ausschlussverfahren, sondern möglichst summarisch eingehalten werden sollen:
1. Mechanische Verfahren zur Biofilmreduzierung
Es ist hinreichend nachgewiesen, dass Zähneputzen zweimal täglich mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta das Kariesvorkommen reduziert, und dass mehrfach täglich durchgeführtes Zähneputzen mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta eine bessere kariespräventive Wirkung zeigt, als ein einmal tägliches durchgeführtes Putzen. Die Vermutung, dass durch selbstständig durchgeführte mechanische Mundhygienemaßnahmen (Zähneputzen und Zahnzwischenraumreinigung) Karies vermindert wird, kann nur durch Surrogatparameter wie zum Beispiel eine Plaquereduktion belegt werden, da keine adäquaten klinischen Studien existieren.
2. Chemische Beeinflussung des Biofilms
Neben mechanischen Hilfsmitteln werden zur Beeinflussung des Metabolismus beziehungsweise zur Verhinderung des Wachstums kariogener Mikroorganismen unterschiedliche chemische Verbindungen in Zahnpasten und auch in Spüllösungen, Gelen und Lacken eingesetzt. Übersichtsarbeiten zeigen, dass der Einsatz derartiger Präparate zu einer Keimreduktion führt. In klinischen Studien konnte einzig die kariesreduzierende Wirkung von Chlorhexidin-Lack im Okklusalbereich durchbrechender Zähne und bei Wurzelkaries nachgewiesen werden.
3. Prophylaxeprogramme
Mit einem Gesamtkonzept, welches den Einsatz unterschiedlicher Prophylaxemaßnahmen beinhaltet, ist es möglich, Karies deutlich zu reduzieren. Dies konnte in sorgfältig durchgeführten klinischen Studien für alle Altersgruppen gezeigt werden. Diese Studien lassen jedoch keine Aussage zur relativen Effektivität einzelner Maßnahmen zu.
4. Maßnahmen der Fluoridierung
Einer der wichtigsten Eckpfeiler der individuellen und gruppenbezogenen Kariesprophylaxe ist die Anwendung unterschiedlicher fluoridhaltiger Präparate. Zahlreiche Metaanalysen und systematische Reviews kommen zu dem Schluss, dass die Anwendung fluoridhaltiger Präparate zu unterschiedlichen, aber deutlichen Kariesreduktionsraten führen. Im Jahr 2005 wurde von der AWMF eine Leitlinie Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe publiziert, die im Jahr 2013 aktualisiert wurde (AWMF Register Nr. 083-001).
5. Ernährungslenkung
Es liegen überzeugende Beweise durch Tierstudien sowie epidemiologische und experimentelle Studien bei Menschen dafür vor, dass es einen Zusammenhang zwischen der Menge und der Häufigkeit der Aufnahme von freien Zuckern und der Entstehung von Karies gibt. Als freie Zucker gelten alle Zucker, die Nahrungsmitteln zugesetzt werden, sowie die Zucker, die natürlich in Honig, Früchten, Fruchtsäften, Sirup und mehr vorhanden sind. Nach Einführung von Fluoridierungsmaßnahmen lässt sich aber zumeist nur noch ein schwacher Zusammenhang darstellen. Obwohl hierzu nicht genügend adäquate klinische Studien vorliegen, ist es biologisch plausibel, dass durch kompletten oder partiellen Ersatz des Zuckers durch Zuckeraustauschstoffe oder Süßstoffe das Kariesrisiko vermindert werden kann.
Liebe Leser,
das war der ertse Teil zum wiederholten Thema: Prophylaxe. Nächstes Mal geht es weiter.
Bis dahin alles Gute und Liebe Grüße von Jochen Steuerwald, Zahnarzt in Berlin-Schöneberg, Eisenacher Straße 85!