29. Juli 2025

29.7.25 – Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es, die gegen die Anwendung von Fluoriden in der Zahnheilkunde sprechen?

Die Verwendung von Fluoriden in der Zahnheilkunde ist eine der am besten untersuchten und effektivsten präventiven Maßnahmen zur Kariesreduktion. Dennoch gibt es auch wissenschaftlich fundierte Bedenken und Erkenntnisse, die gegen einen unreflektierten oder übermäßigen Einsatz sprechen. Im Folgenden sind einige dieser Erkenntnisse zusammengefasst:

1. Dentalfluorose

  • Beschreibung: Eine Überdosierung von Fluorid während der Zahnentwicklung (meist bei Kindern unter 8 Jahren) kann zu Dentalfluorose führen – einer bleibenden Verfärbung oder Fleckung des Zahnschmelzes.
  • Schweregrade: Leichte Formen sind meist ästhetisch störend, schwere Formen können den Zahnschmelz strukturell schwächen.
  • Ursachen: Kombination mehrerer Fluoridquellen (z. B. fluoridiertes Trinkwasser, Zahnpasta, Nahrungsergänzung).

Quellen:

  • DenBesten, P., & Li, W. (2011). Dental fluorosis: Chemistry and biology. Dental Clinics of North America.

2. Systemische Toxizität bei Überdosierung

  • Beschreibung: Akute Fluoridvergiftungen sind selten, aber bei versehentlicher Einnahme hoher Dosen (z. B. durch Kinderzahnpasta) möglich.
  • Chronische Fluoridbelastung: In Regionen mit sehr hohen natürlichen Fluoridkonzentrationen im Trinkwasser kann es zu Skelettfluorose kommen – eine chronische Vergiftung mit Gelenk- und Knochenschäden.

Quellen:

  • WHO (2006). Fluoride in drinking-water: Background document for development of WHO Guidelines for Drinking-water Quality.
  • Susheela, A. K. (2003). Fluorosis management programme in India. Current Science.

3. Mögliche neurotoxische Effekte (kontrovers)

  • Forschungslage: Einige Studien und Metaanalysen (v. a. aus China und Indien) weisen auf eine mögliche Assoziation zwischen hoher Fluoridexposition und verminderter Intelligenz bei Kindern hin.
  • Bewertung: Diese Studien sind oft methodisch eingeschränkt (z. B. keine Kontrolle anderer Umweltfaktoren, hohe Fluoridwerte). Eine kausale Beziehung ist nicht gesichert, wird aber weiter erforscht.

Quellen:

  • Choi et al. (2012). Developmental Fluoride Neurotoxicity: A Systematic Review and Meta-Analysis. Environmental Health Perspectives.
  • National Toxicology Program (2020). Systematic Review of Fluoride Exposure and Neurodevelopmental and Cognitive Health Effects.

4. Ökologischer und ethischer Aspekt der Trinkwasserfluoridierung

  • Argumente dagegen:
    • „Medikalisierung“ des Trinkwassers ohne individuelle Zustimmung.
    • Unkontrollierte Dosierung für den Einzelnen.
    • Risiko einer langfristigen Überversorgung.
  • Reaktionen: In einigen europäischen Ländern (z. B. Deutschland, Österreich, Schweiz) wurde auf die Trinkwasserfluoridierung verzichtet zugunsten von Fluorid in Zahnpasten oder Speisesalz.

Quellen:

  • European Commission SCENIHR (2011). Critical review of fluoridation of drinking water.

5. Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit in Frage gestellt (bei manchen Anwendungen)

  • Einige Studien deuten darauf hin, dass der kariespräventive Effekt hauptsächlich topisch (lokal im Mund) und nicht systemisch wirkt.
  • Daraus folgt, dass die systemische Aufnahme über Tabletten oder Trinkwasser weniger effektiv ist und gleichzeitig Risiken birgt.

Quellen:

  • Featherstone, J. D. B. (2000). The science and practice of caries prevention. Journal of the American Dental Association.

Fazit:

Fluorid ist ein wirksames Mittel zur Kariesprävention, birgt jedoch potenzielle Risiken bei übermäßiger oder unkontrollierter Anwendung, insbesondere in der Kindheit oder bei systemischer Aufnahme. Die aktuelle wissenschaftliche Position ist überwiegend für eine kontrollierte, topische Anwendung (z. B. fluoridhaltige Zahnpasta), während systemische Fluoridierung (z. B. im Trinkwasser) zunehmend kritisch betrachtet wird.
Am besten fragen Sie den Zahnarzt Dr. Jochen Steuerwald in Berlin-Schöneberg, Eisenacher Straße 85.

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