5. Januar 2018

05.01.2018 – Das Immunsystem gegen den Tumor mobil machen, Teil II

05.01.2018 – Das Immunsystem gegen den Tumor mobil machen, Teil II

Hallo liebe Leser,

heute geht es weiter mit dem Artikel von Christine Vetter aus den Zahnärztlichen Mitteilungen.

STRATEGIEN DER ENTTARNUNG

Checkpoint-Inhibitoren: Eine Möglichkeit, wie Krebszellen sich tarnen, ist sehr gut untersucht und wird bereits therapeutisch genutzt: die Bildung spezifischer Krebsantigene, die als Signalstoffe Schaltstellen des Immunsystems, die sogenannten Checkpoints, blockieren können. Bei den Checkpoints handelt es sich um Kontrollstationen, die die Funktion des Immunsystems überwachen. Dies geschieht über Checkpoint-Rezeptoren auf der Oberfläche der Zellen des Immunsystems. Ihre Gegenspieler – die Checkpoint-Liganden – sind auf der Oberfläche von körpereigenen Zellen exprimiert (dargestellt). Die Interaktion zwischen den Checkpoint-Rezeptoren und -Liganden ist für das Erkennen von Selbst und Fremd durch das Immunsystem verantwortlich. Wird eine Zelle als fremd und damit als potentiell schädigend erkannt, folgt in aller Regel eine Immunreaktion zu ihrer Vernichtung.

Entziehen können sich Tumorzellen der Immunabwehr zum Beispiel, indem sie den „Programmed Death Ligand 1„, kurz PD-L1 exprimieren (darstellen durch genetische Veränderung). Der Ligand interagiert mit dem Rezeptor PD-1 auf Immunzellen, die dadurch deaktiviert werden. PD-L1 wirkt somit wie eine Art Stoppschild auf das Immunsystem, die Krebszelle unterliegt nicht mehr der Immunkontrolle.

Durch die Entwicklung spezifischer Immun-Checkpoint-Inhibitoren, die PD-L1-Inhibitoren, die ihrerseits mit dem PD-L1 Rezeptor interagieren, kann jedoch die durch die Tumorzelle gesetzte Blockade gelöst, respektive das Setzen der Blockade verhindert werden. Eine Art Weiterentwicklung sind die PD-L1-Inhibitoren. Diese greifen nicht primär am Rezeptor, sondern an den von Tumorzellen freigesetzten Krebsantigenen PD-L1 an und verhindern damit die Blockade der Immunzellen.

Vertreter beider Wirkstoffgruppen sind bereits erfolgreich in der klinischen Anwendung. Beispiele sind der Hautkrebs, das Lungen-, das Blasen- und das Nierenzellkarzinom. So wurde beispielsweise in Studien beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) gezeigt, dass durch eine Krebsimmuntherapie die Überlebenschancen der Patienten statistisch signifikant verbessert werden können. Erforscht wird die neue Antitumor-Strategie außerdem beim Lymphom, beim Sarkom sowie beim Darm-, Eierstock- und Prostatakrebs. Die Krebsimmuntherapeutika werden bislang lediglich bei Patienten mit fortgeschrittener Tumorerkrankung eingesetzt und das zudem als Monotherapie. In Studien wird jedoch auch bereits die Anwendung als Kombinationstherapie zusammen mit einer Chemotherapie oder mit einer sogenannten zielgerichteten Therapie (Targeted Therapy) untersucht.

Allerdings sprechen der Deutschen Krebsgesellschaft zufolge nicht alle Patienten mit Hautkrebs, Nierenzell- oder Lungenkarzinom gleich gut auf eine Immuntherapie an. Warum die Krebszellen unterschiedlich reagieren, ist aber bisher nicht eindeutig geklärt. Die Krebsimmuntherapie wird in aller Regel ambulant durchgeführt, wobei die Wirkstoffe je nach Tumor alle zwei bis drei Wochen als Infusion oder über einen Port (Katheter) verabreicht werden.

Liebe Leser, leider sind diese Entwicklungen noch lange nicht komplett ausgereift. Aber es sind lohnende Anfänge, die jeder zu schätzen weiß, der direkt oder indirekt mit einer solchen Situation konfrontiert wird.

Beim nächsten Mal geht es hier weiter mit der Überschrift: „Zwischen Experiment und klinischer Anwendung“.

Bis dahin alles Gute!                                                                                                                                                            Viele Grüße aus Berlin-Schöneberg von Jochen Steuerwald, Zahnarzt in der Eisenacher Straße 85.

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