30. Oktober 2018 / Kaugummi: Genussmittel und Dentalprodukt, von Joachim Klimek, zm Nr. 20, 16.10.2018
Hallöchen, der ehemalige Professor Dr. Joachim Klimek aus der Justus-Liebig-Universität Gießen hat diesen Artikel in den Zahnärztlichen Mitteilungen (zm) veröffentlicht, den ich hier wiedergeben möchte.
Im öffentlichen Bewusstsein gilt Kaugummi in erster Linie als Genussmittel. Dass das Kauen von zuckerfreiem Kaugummi jedoch auch eine wichtige kariespräventive Funktion erfüllt, wird kaum wahrgenommen. Dabei empfiehlt die Leitlinie zur Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen das Kaugummikauen nach den Mahlzeiten. Prof. Joachim Klimek, einer der Leitlinien-Autoren, erläutert die kariespräventiven Wirkmechanismen und berichtet über relevante Studien.
In der ersten Leitlinie zur Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen (2016) wird das Kauen zuckerfreien Kaugummis nach Mahlzeiten – neben dem Zähneputzen mit fluoridierter Zahnpasta und dem möglichst geringen Zuckerkonsum – als eine der Maßnahmen zur täglichen Kariesprophylaxe empfohlen. Grund dafür sind nicht spezielle Inhaltsstoffe von Kaugummi, sondern die Stimulation des Speichelflusses durch das Kaugummikauen. Der stiumulierte Speichel beeinflusst vielfältig die Entsteheung und das Voranschreiten von Karies durch protektive Faktoren. Die Speichelstimulation wird über den Akt des Kauens selbst (Mastikation) sowie durch die von den Geschmacksstoffen des Kaugummis angeregten Nerven („das Wasser läuft im Mund zusammen“) ausgelöst. Ein zuckerfreier Kaugummi sollte daher – auch aus zahnmedizinischer Sicht betrachtet – möglichst gut schmecken, damit er nach einer Mahlzeit möglichst lange, am besten zwischen 10 und 20 Minuten, gekaut und dadurch nachhaltig viel Speichel produziert wird.
Früher waren Kaugummis einfach nur lässig
Kaugummi hat sich in Deutschland zunächst als zuckerhaltiges Genussprodukt etabliert, bevor in den 1970/80er-Jahren die für die Zahngesundheit förderlichen Effekte seiner zuckerfreien Variante in zahlreichen Studien untersucht und bestätigt wurden. Man kann nachvollziehen, dass dieser (frühe) Genussstatus des Kaugummis seiner Anerkennung in zahnmedizinischen Kreisen nicht nur förderlich war. Kaugummi wird nicht genuin als ein Dentalprodukt (wie Zahnpasta oder Zahnseide) gesehen, sondern vielmehr als ein Genussmittel mit – in seiner zuckerfreien Variante – positiven Zusatzeigenschaften. Bei der Zahnpasta ist einleuchtend, dass sie einen angenehmen Geschmack haben soll, damit der Patient oft und gründlich putzt. Beim Kaugummi scheint sein guter Geschmack, seine zuckerhaltige Variante und vielleicht auch der früher mit ihm assoziierte Lifestyle (lässig, cool) eher dazu geführt haben, dass sein zahnmedizinischer Nutzen für lange Zeit tendenziell unterschätzt wurde.
Hier geht es nächstes Mal weiter mit den Wirkmechanismen des Speichels.
Bis dahin wünsche ich Euch alles Gute und gesunde Zähne!
Jochen Steuerwald, Zahnarzt in Berlin-Schöneberg